Nuit 2.0 – Künstler:innen der Galerie
Nuit 2.0 – Gruppenausstellung mit Werken der Künstler:innen der Galerie
Eine Sommernacht im Jahr 2022 in Berlin. Nach zwei episch langen Pandemiejahren und einem Angriffskrieg in Europa ersehnen wir einen Sommer neuer Freiheiten und Nächte voller Lustbarkeit.
Können wir aus dem eingeübten Krisenmodus, der Einsamkeit und Leere, ausbrechen und uns wieder dem Leben, der unheimlich gewordenen Sinnlichkeit hingeben? Ist die Nacht geheimnisvoll, voller Geborgenheit, Element des Lebens und damit erfreulich und erstrebenswert? Wird sie zum Raum der Liebe? Oder ist es ein Tanz auf dem Vulkan und die Nacht wirkt nicht befreiend, sondern einengend und angsteinflößend, sodass wir an die Geschäftigkeit und Sorgen des nächsten Tages denken müssen?
Die Künstler:innen Anna Tunikova, Axel Teichmann, Birgit Naomi Glatzel, Bo Larsen, Corinna Rosteck, Dale Grant, Daniela Finke, Daniel und Geo Fuchs, Deni Horvatić, Ivar Kaasik, Marco Kaufmann, Martin A. Völker, Mathias Vef, Reinhold Petermann, Philip Crawford und Sabine Beyerle zeigen die Nacht in ihrer Bedeutungsvielfalt, als Fülle der Möglichkeiten und Unmöglichkeiten.
Sie sinnieren über den Sinn und Kreislauf des Lebens, suchen nach Halt und Identität und entgleiten in die Freiheit einer anderen Dimension, in einen illusionären Raum. Sie geben sich dem sorglosen Vergnügen und der Lust, dem Schutzraum der Nacht, der mehr Möglichkeiten zur Entfaltung gibt, hin. Es wird reflektiert über Sehnsucht und Gelassenheit – vielleicht auch über die Sehnsucht nach Gelassenheit. Sie entfliehen in die Natur und träumen von fernen Welten, umkreisen bildlich die viel besprochene Zeitenwende. Die Gruppenausstellung zeigt Gemälde, Fotografien, Skulpturen, Collagen sowie eine Installation und zeugt von der Vielfalt der überwiegend in Berlin lebenden und arbeitenden Künstler:innen.
ANNA TUNIKOVA
SOMEWHERE IN PROVENCE, 2022, Öl auf Leinwand, 160 x 120 cm
Die 1994 in Sankt Petersburg geborene Grafikerin und Malerin Anna Tunikova ist in Schleswig-Holstein zur Schule gegangen und hat ein abgeschlossenes Studium in Kommunikationsdesign. Die Künstlerin kommt aus einem familiär kreativen Umfeld. Sie experimentierte zunächst in Airbrush mit knalligen Farben und malte figurative Bilder, merkte jedoch bald, dass diese Bilder nicht das ausdrückten, was sie damals selbst empfand: Entgegen der Überflut an Eindrücken, der wir ohnehin tagtäglich ausgesetzt sind, sehnte sie sich nach Ruhe und Einfachheit. Anna Tunikova lebt und arbeitet in Berlin.
Die Künstlerin zu Nuit 2.0:
Egal wie lang die Nacht erscheint, die Sonne geht immer wieder auf. Wir müssen nur lernen keine Angst vor dem eigenen Schatten zu haben.
***
Vorbei schleicht’s Leben auf gewohnten Pfaden,
Und mit den Jahren ändere ich mich,
Was einstmals tragisch schien und blitzgeladen,
Scheint mir jetzt nichtig oder lächerlich.
Ein Vöglein fliegt, erschreckt mit Flügeln schlagend,
Ein Donnerschlag die Ruh in Stücke haut,
Und ich kann jetzt vor Schönheit nicht mehr schlafen,
Wo einst die Schwermut mir den Schlaf geraubt.
Ivan Elagin
AXEL TEICHMANN
MEIN BEWUSSTSEIN SCHLÄFT NEBENAN, 2020, Acryl auf Leinwand, 50 x 40 cm u. SCHRÄGLAGE, 2011, Acryl auf Leinwand, 50 x 70 cm
Der Künstler wurde 1974 in Stuttgart geboren und machte eine Grafik-Ausbildung an der Johannes-Gutenberg-Schule in Stuttgart. 2004 schloss er sein Studium an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart mit Diplom ab und bezog sein erstes Atelier in Stuttgart. 2008 widmete er sich der Kunst im öffentlichen Raum mit einer Fassade für das Haus am Stadtsee in Bad Waldsee. Einen Studienaufenthalt und Meisterkurs bei Walter Libuda absolvierte er im Jahr 2011 und bezog 2015 ein zweites Atelier in Berlin. Axel Teichmann wurde bereits in den USA, in der Schweiz und in Deutschland mit zahlreichen Ausstellungen und auf Kunstmessen präsentiert. Er lebt und arbeitet in Stuttgart.
Der Künstler zu Nuit 2.0:
Die Situation, mit dem Krieg in der Ukraine und der nicht enden wollenden Corona-Pandemie, verunsichert, beängstigt und bedroht. Besonders die Suche nach Halt und Identität ist beiden Bildern anzusehen.
Bei dem Gemälde „Mein Bewusstsein schläft nebenan“ besteht eine Trennung aus einem ICH auf dem Tablett und dem größeren ICH. So ist der Mensch immer gespalten, z.B. in der Suche nach Freiheit und Zugehörigkeit. Die aktuelle Situation, mit dem Krieg in Europa, verstärkt den inneren Konflikt, weil Zugehörigkeit geklärt und Freiheit verteidigt werden muss. Das Bild „Schräglage“ zeigt einen haltlosen Astronauten, der mit einem Fähnchen einen Planeten markieren will. Hier soll Territorium markiert und damit Macht unter Beweis gestellt werden. Das Streben nach Macht und Kontrolle scheint dem Mensch ureigen inne zu wohnen. Die Corona-Pandemie bedeutet Machtverlust, ebenso der Krieg. Das Annektieren von Raum scheint schon im Gemälde fragwürdig.
BIRGIT NAOMI GLATZEL
I HAVE NO CHOICE! – I WANNA DANCE, 2022, sound in Kooperation mit Saskia Stephan, visuals in Kooperation mit Benjamin Seide, Mini Disco Box aus Pappe, 40 x 40 x 40 cm u. SOUTH SIDE BEATS TEL AVIV #1-10, 2004, analoge s/w Fotografie, Abzug auf Barytpapier, verschiedene Motive, alle 24 x 30 cm
Die 1970 in Kempten/Allgäu geborene freischaffende Konzept-künstlerin und Architektin Birgit Naomi Glatzel hat sich bereits während ihres Architekturstudiums intensiv mit Malerei und Fotografie beschäftigt. Seit 1998 arbeitet sie überwiegend im Bereich der Fotografie. Ihr Fotoprojekt „a friend is a friend of a friend“ begann sie im Sommer 1998 und hat hiermit internationale Aufmerksamkeit erregt. Ihre Werke wurden u.a. auf der Biennale in Tirana („ideal city“ 2003), der Biennale in Venedig (Neuland „urban-shift.net“ 2004), in Berlin, Jerusalem, Paris und Kiev gezeigt. Ihre Videoarbeit „Going to Jerusalem” und ein Foto des Projektes “You and Me” wurden im “Kunstautomaten” im Jüdischen Museum in Berlin präsentiert. Die Künstlerin lebt und arbeitet in Berlin.
Benjamin Seide (* 1968, visuals) ist Medienkünstler, forscht und lehrt an der School of Art, Design and Media, Singapur, wo er auch lebt. Ausstellungen u.a. im Rahmen des Beyond Future Design Festivals (ZKM Karlruhe), der V&A Digital Futures (London) und im Palais des Nations (Geneva).
Saskia Stephan (*1976, sound, sounddesign, noisediscover) lebt und arbeitet in Berlin.
Die Künstlerin zu Nuit 2.0:
Als das Thema Nuit 2.0 im Raum stand, drängten sich mir sofort die Bilder meiner Tel Aviver Club Zeit auf, welche ungemein tiefgreifend und unmittelbar waren. Ich tauchte ab in die „break beat sets“ meiner DJs von 2004; ein Mini Discokugel-Schlüsselanhänger inspirierten mich zur Idee der Installation „I have no choice! – I wanna dance“. Diese ist eine Kombination von 10 Fotos aus der Serie „South side beats Tel Aviv“ und einer Mini-Disco, die, auf ein Minimum architektonisch und musikalisch reduziert, eins zu eins, einen für einen kurzen Moment abtauchen lässt in die Welt der Nacht, erfüllt von Tanz, Emotion und dem „hier und jetzt“.
BO LARSEN
WHITE NIGHTS – STOCKHOLM, 2022, Öl auf Leinwand, 100 x 80 cm
Der deutsch-dänische Künstler Bo Larsen (* 1986) orientiert sich beim Malen an den experimentellen Maltechniken, die er im Selbststudium ständig weiter verbessert und verfeinert. Er thematisiert in seinen Werken seine jeweiligen Gefühle, Emotionen und Empfindungen. Die Bilder, die dem abstrakten Expressionismus zuzuordnen sind, eröffnen dem Betrachter durch die facettenreiche Farb- und Formgestaltung neue Dimensionen der Interpretation abstrakter Formen. Er hat seine Werke im In- und Ausland ausgestellt und seine Arbeiten befinden sich mittlerweile in deutschen und internationalen privaten Sammlungen. Bo Larsen lebt und arbeitet in Berlin.
Der Künstler zu Nuit 2.0:
Mit der Nacht verbinden viele Menschen Dunkelheit, Melancholie und Ruhe. Die weißen Nächte in Skandinavien werden dort mit Lebendigkeit, Lebensfreude und Erleuchtung gefeiert. Sonne und Mond geben sich die Hände und zeigen ein Zwischenspiel von Licht und Dunkelheit, welches sich in einem atemberaubendem Naturerlebnis entfaltet.
Die Menschen in Skandinavien erleben ein Gemisch aus Tag und Nacht, welches sich farblich in blau, weiß, Abendrot und Morgengrau widerspiegelt. Dieses Phänomen lässt sich besonders intensiv in abstrakter Farbgestaltung auf Leinwand präsentieren.
CORINNA ROSTECK
SAORI_UNDERWATER, 2019, Backlit translucent in Lightbox, 100 x 130 x 11 cm u. JANUS MASSE, 2022, Noa Wertheim, 2022, Staatstheater Kassel, Tecco IIridium Silvergloss auf Alu-Dibond, 50 x 90 cm
Corinna Rosteck (geb. 1968, in Hameln und auf Ibiza aufgewachsen) ist freischaffende Künstlerin im Bereich Fotografie, Video und Installation. Nach Stipendien in London, Paris, New York und Japan lebt und arbeitet sie in Berlin. Sie ist Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Photographie, Köln und des Deutschen Künstlerbundes. Mit namhaften Unternehmen realisierte sie erfolgreich Kunst-am-Bau-Projekte. Ihre Arbeiten werden in zahlreichen Ausstellungen im In- und Ausland präsentiert.
Die Künstlerin zu Nuit 2.0:
In der Nacht entfalten sich Sehnsüchte und Ängste, diese Zeit bietet enormen Freiraum und die Zeit dehnt sich zur scheinbaren Ewigkeit bis zum nächsten Morgen. In der Nacht verschieben sich die räumlichen Dimensionen, die Gedanken verlieren und mäandern, alles ist möglich oder größer zu fassen.
In meinen bewegten Bildern versuche ich dies greifbar über den Tanz werden zu lassen. In der Bewegung flieht der Mensch vor der Zeit, versucht sie zu greifen, zu überwinden, fließen zu lassen, aber auch zu verändern. Meine Suche gilt Bildern, die diese „beunruhigenden Realitäten“ greifbar werden lassen. Entgleiten, Abtauchen und Untergehen entsprechen dem Ausdruck der “zerrissenen Zeit”- Riven in Time. Zwischenzonen, Dämmerung, Tag und Nacht, Januskopf, surreale und somnambule Erscheinungen, Träume charakterisieren meine Bildmotive.
In Zusammenarbeit mit Solotänzerinnen und mir bekannten Tanzensembles werden eigene, nur der Entstehung meiner Arbeiten gewidmete Performances und Installationen geschaffen. Dabei werden die Bilder auf die Tänzer:innen projiziert und im Zusammenspiel von Licht, Raum und Musik zu einem Gesamtkunstwerk inszeniert.
DALE GRANT
PURPLE SERENADE, 2022, u. CHINA ASTER, 2018, beide C-type Druck auf Alu-Dibond, 120 x 120 cm
Nach seinem Universitätsabschluss in Internationalen Beziehungen folgte Dale Grant seinem Herzen und wurde Fotograf, spezialisiert auf Mode- und Porträtfotografie. Nachdem er viele Jahre lang als Werbefotograf gearbeitet hatte, wandte er sich der Kunstfotografie zu. Blumen sind nun seine bevorzugten Modelle, die für ihn eine Allegorie für das Leben sind. „Wir sehen oft nicht die Schönheit, die mit dem Älterwerden kommt. Mit meiner Blumenfotografie möchte ich die Schönheit zeigen, die man in allen Phasen des Lebens beobachten kann“. Dale Grant wurde 1961 auf den Bahamas geboren und lebt zwischen Berlin und Rotterdam.
Der Künstler zu Nuit 2.0:
Ich betrachte die Blumen, die ich einfange, als Metaphern für den Kreislauf des Lebens und versuche, die Schönheit zu entfalten, die in dieser Reise liegt.
Die katastrophalen Ereignisse der letzten zwei Jahre haben unser Leben mit viel Angst, Zweifel und Unsicherheit erfüllt. Mit meinen beiden Werken möchte ich die Kontinuität des Lebens, das von der Dunkelheit der Nacht zum Licht des Tages führt, veranschaulichen.
In „Purple Serenade“ wurde die Blume in der Morgendämmerung ihres kurzen Lebens fotografiert. Die weichen und verwelkten Blütenblätter versuchen ihre einst leuchtenden Farben zu bewahren; während sie sich zusammenfaltet und in die Dunkelheit zurückkriecht, wirft der letzte Lichtstrahl einen Schatten auf sie. In „China Aster“ werden die robusten und undurchdringlichen Blütenblätter in das Licht eines neuen Tages getaucht, während sich die Blume in eine außerirdische Form verwandelt, die durch den Raum einer besseren Zeit entgegengleitet.
DANIEL U. GEO FUCHS
TOYGIANTS – „pink tableau“, 2004, „gold tableau“, 2004 u. „Jeeg“, 2006, alle C-Print / kaschiert hinter 4 mm Acryl u. 4 mm Alu-Dibond, 100 x 78 cm, gerahmt 114 x 92 cm
Daniel (* 1966) und Geo (* 1969) Fuchs arbeiten seit über 20 Jahren gemeinsam an konzeptionell angelegten Fotografie-Serien sowie an Videoarbeiten und haben hiermit internationales Renommée erlangt. „Von den fotografischen Bildern des Künstlerpaares Daniel und Geo Fuchs geht eine besondere Anziehungskraft aus… Sie sammeln mit der Kamera. Sie betrachten die unterschiedlichsten Sammlungen aber nicht im herkömmlichen Sinne, sondern begreifen die Archivierung, das heißt das Ordnen bestimmter sie interessierender Dinge, also fotogene Landschaften… (Eugen Blume, Vorwort Toygiants Buch). Ihre Arbeiten waren in vielen internationalen Einzel- und Gruppenausstellungen und Kunstmessen zu sehen und finden sich in privaten und öffentlichen Sammlungen. Daniel und Geo Fuchs leben und arbeiten in Deutschland.
Die Künstler zu Nuit 2.0:
Uns alle haben die letzten zwei Jahre geprägt und verändert – für viele hat sich der Lebensrhythmus sehr gewandelt – man war mehr zu Hause – hat sich mehr auf sich besonnen – und hat das Ende der pandemischen Situation herbeigewünscht. Trotz aller Veränderung und trotz der aktuellen pandemischen und politischen Lage, füllt sich jetzt aber der Frühling und Sommer wieder mit mehr Energie und Farbe – neue Räume und alte Freiheiten können wieder erschlossen und an das alte Leben wieder angeknüpft werden. Die Bilder unserer „TOYGIANTS“- Serie strotzen vor positiver Energie und Kraft – gold und pink – Sonne und Farbe – das ist es, was uns jetzt erfüllen sollte, ohne daran denken zu wollen, was die dunkle Jahreszeit uns wieder bringen wird. Wir leben im Jetzt!
DANIELA FINKE
PHILHARMONIE BERLIN, 2020/2022, Pigment Print hinter Acryl Matt, 92,5 x 130 cm, u. NOCTURNE 1-3, 2022, Fine Art Pigment Print auf Aluminium Gold, je 60 x 37 cm
In ihren Arbeiten erkundet Daniela Finke (* 1958) die unsichtbaren Verhältnisse der sichtbaren Welt. In leuchtenden Farben markiert sie Körper, Architekturen, Alltagsdinge oder Naturphänomene, versammelt sie in eigenen Welten der Inversion, die die Innenseite der Wahrnehmung nach außen kehren. Das Sammeln von Objekten in Bildern, das Aufspüren ihrer szenischen Verbindung begleitet ihr Werk als einen übergreifenden Handlungszusammenhang, aus dem Bild wie experimentelle Setzungen erwachsen. Wie magische Illuminationen des Unbewussten, abstrakt und konkret zugleich, spielen ihre Serien die temporären Muster der Wahrnehmung durch und geben ihre fragile, rational kaum fassbare Gestalt frei. Für ihr Werk erhielt Daniela Finke zahlreiche Stipendien und Auszeichnungen, u.a. den Europäischen Preis für Architekturfotografie. Ihre Arbeiten wurden national und international ausgestellt uns sind in zahlreichen öffentlichen und privaten Sammlungen vertreten. Daniela Finke lebt und arbeitet in Berlin.
Die Künstlerin zu Nuit 2.0:
Sommernacht, Open Air Kino am Kulturforum. Erinnerung an einen Ort, an dem sich die Stadt wieder öffnet, an einen Moment, sich wieder zu begegnen. Das Warten auf den Film in der Dämmerung; die Illuminationen, die Strukturen von Licht und Linien in den Fenstern der Philharmonie, während es langsam Nacht wird und die Dunkelheit die Leinwand erstrahlen lässt.
Die Schallwellen der Musik erzeugen ein leichtes Vibrieren im Innern. Nicht dieselbe Realität wie zuvor, nicht derselbe Körper. Alles leicht verschoben. Nacht der flüchtigen Bilder und Zeichen.
DENI HORVATIC
OUTDOOR, 2020, C-Print auf Alu-Dibond, 102 x 102 cm
Deni Horvatić wurde 1991 in Čakovec, Kroatien, geboren. Seine künstlerische Praxis umfasst sowohl Fotografie als auch Videokunst und CGI. Er arbeitete mehrere Jahre lang im Studio Silvio Vujičić und bei der Modemarke E.A.1/1 S.V. als Forscher und Leiter für Kommunikation und visuelles Design. Im September 2020 wurde die Ausstellung SCAN in der Galerie Miroslav Kraljevic in Zagreb, Kroatien, gezeigt. Im Mai/Juni 2022 hat er am 36. Jugendsalon teilgenommen, dem größten und angesehensten Ausstellungsevent für bildende Künstler unter 35 Jahren in Kroatien. Seine Ausstellung SCAN wurde im Juni und Juli 2022 in der Galerie nüüd.berlin gezeigt. Deni Horvatić lebt in Čakovec, wo er als Visual Artist arbeitet.
Der Künstler zu Nuit 2.0:
Die Sonne steht unterhalb des Horizonts. Du bist die Sonne. Wir alle sind uns deiner Existenz zu jeder Zeit bewusst.
Ich bin Auf Wiedersehen, gute Nacht, Lebewohl. Ich bin vergänglich. Aber in diesem Moment, am Schnittpunkt von Nacht und Zeit, bin ich ich. Einfach da. Jetzt!
IVAR KAASIK
LA PORTE DE LA NUIT, 2021, Öl auf Leinwand, 190 x 150 cm
Ivar Kaasik (*1965) ist ein estnischer Künstler. Er studierte zunächst Architektur an der Estnischen Kunstakademie und dann an der Hochschule für Kunst und Design Halle/Saale. Der Künstler malt photorealistische Bilder, als Motive wählt er häufig Pop-Ikonen. Durch Verwischung, unscharfe Konturen und blasse, pastellfarbene Tönung werden die dargestellten Personen verfremdet, die Bilder wirken befremdlich, kühl und distanziert. Seine Arbeiten wurden international in Einzel- und Gruppenausstellungen gezeigt und hängen in privaten und öffentlichen Sammlungen. Ivar Kaasik lebt und arbeitet in Berlin und Kuressaare, Estland.
Der Künstler zu Nuit 2.0:
Mit fast schwarz-weissen Farbtönen bietet das Bild PORTE DE LA NUIT subtile Täuschung durch Farbperspektive, dünne Linien, dessen geometrische Formen kontinuierlich prall und zurückweichend einen illusionären Raum darstellen. Nahtlos in Öl gemalt, besitzt die Leinwand eine künstliche Lebendigkeit, ihr ätherischer Glanz erinnert an Plasma-Bildschirm-Technologie, schafft eine elektrische Aura, die sowohl geistig als auch synthetisch ist.
Resonanz mit elektrifiziertem Glühen, makelloser Spannung, schwindelerregender Unruhe, pulsierender Energie, minimale Kompositionen in ihrer Missachtung des Raumes – bestehend aus einer fast monochrom farbigen Fläche gegen einen weißen Boden gesetzt, wo die Formen in einer wellenförmigen 3-D-Perspektive erscheinen.
Man kann an alles Mögliche denken, wenn man vor der großformatigen Abstraktion steht. Alles – nur nichts Konkretes…
MARCO KAUFMANN
NORDLICHT 1, 2022, Acryl auf Leinwand, 90 x 120 cm
Der 1975 in Vorpommern geborene und in Berlin lebende Künstler Marco Kaufmann diplomierte nach einer Berufsausbildung zum Grafikdesigner in freier Kunst (Malerei und Fotografie) an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee. Inspiriert durch die Stadt, das Land, seine Reisen und Fotografien setzt er sein Empfundenes und Gedachtes in verschiedenen Techniken als subjektive Variante der Realität um – er malt, gießt, sprüht, klebt. Seine Arbeiten wurden national und international ausgestellt und finden sich in privaten und öffentlichen Sammlungen. Marco Kaufmann lebt und arbeitet in Berlin.
Der Künstler zu Nuit 2.0:
Formen schweben in einem scheinbaren Himmel, eine Bewegung ist zu erahnen, obwohl die Formen fest auf der Leinwand verankert sind. Unsere Augen wandern dorthin wo das Licht ist und bleiben nicht lang im Dunkeln.
Es ist meist das Tageslicht und die Formen und Farben des Tages die mich inspirieren. Um diese einzufangen reise ich viel. Immer wieder entstehen dabei aber auch Arbeiten, schwebend, hingehaucht und flüchtig, wie wir sie am Tage so nicht erleben – ein Tanz zwischen momentan Erlebtem und schon Verschwundenem, einem inneren Universum entspringend. Sie tauchen fast unerwartet auf und ebenso unerwartet verschwinden sie wieder. Der Prozess des Malens ähnelt dann einem Lichtspiel. Meine versprühten Farbnebel wirken hier wie Teile der spektakulärsten Lichtshow der Natur, der Aurora Borealis oder auch „Nordlicht“ genannt.
Da diese Ausstellung sich der Nacht widmet, wähle ich eine Arbeit, die von diesem beeindruckenden Naturphänomen und seinen flackernden Farben im Nachthimmel inspiriert ist – leuchtend, bewegt und sphärisch.
MARTIN A. VÖLKER
DIE NACHT ALS MORITAT IN VIER BILDERN, 2022, alle double shot, taped, Digital pigment print auf Alu-Dibond, 50 x 50 cm
Martin A. Völker wurde 1972 in Berlin geboren und arbeitet dort als Schriftsteller und Kunstfotograf. Seine künstlerische Methode geht aus seiner langjährigen Dozententätigkeit als Kulturwissenschaftler und Ästhetiker an der Berliner Humboldt-Universität hervor. Die Straßenfotografie ist für ihn das Medium, das die Diversität des urbanen Lebens erfasst. Der Künstler überwindet das Dokumentarische der Straßenfotografie und entwickelt sie in Richtung eines magischen Realismus weiter. Zwischen Januar und März 2022 zeigte die nüüd.berlin gallery seine Einzelausstellung #SpiritOfStBerlin. Martin A. Völker lebt und arbeitet in Berlin.
Der Künstler zu Nuit 2.0:
Die deutsche Romantik prägte ein sehnsuchtsvolles Bild von der Nacht, stellte sich die Nacht als Traumzeit des idealen Menschseins vor. Mein Bilderzyklus zeigt das Gegenteil: Kriege reißen die Menschen in eine ewige Nacht realer Qualen und Verluste hinein. Der starke Kontrast der beiden Nacht-Konzepte offenbart jene Zeitenwende, in der wir leben.
Jedes der vier Bildstücke besitzt einen eigenen Titel. Zusammengenommen ergeben die Titel eine poetische Beschreibung der Nacht. Diese erzählerische Verbindung verstärkt sich durch die Betrachtung der Elemente im Uhrzeigersinn. Das Ende wird so wiederum zum Anfang, und die Anschauenden geraten in einen Bildsog ohne Ausstiegsmöglichkeit.
Die Nacht entriegelt das Tor zur Hölle.
Die Nacht löscht alle Gesichter aus.
Die Nacht verschlingt den Bräutigam.
Die Nacht frisst sich in den Tag hinein.
MATHIAS VEF
NACHTARBEIT, 2022, Digitale Collage, Fine Art Print auf Pearl Papier, 200 x 110 cm
Mathias Vef (*1976) studierte am Royal College of Art in London. Er arbeitet mit geformten Körpern von Bodybuildern und Balletttänzern, digital collagierten Sexworkern und Portraits von Transpersonen, die mit GHB aufgelöst wurden oder lässt eine Künstliche Intelligenz einen mutierten Stammbaum seiner Familie erstellen. All das verschmilzt zu psychedelisch, fast widernatürlichen Arbeiten, die er in Berlin, London, New York und zuletzt in Brüssel während einer Artist Residence ausstellen konnte. Mathias Vef lebt und arbeitet in Berlin.
Der Künstler zu Nuit 2.0:
Fast alle Menschen, mit denen ich arbeite und für meine Collagen fotografiere, sind Nachtmenschen. Es sind Menschen, die anders und außergewöhnlich sind, die das auch mit und durch ihre Körper ausdrücken. Die Nacht ist für das Anderssein ein Schutzraum, der mehr Möglichkeiten zur Entfaltung gibt, als das grelle Licht des Tages, der Öffentlichkeit, der scheinbaren Realität. Die Nacht öffnet Anderswelten, Heterotopien, die ich und meine Models suchen und erforschen.
Bei Novalis ist der Mensch ein Fremdling im Licht und in der Nacht neugeboren. Auch wenn ich keine Weltflucht mit meinen Bildern beschreibe, sind das Transzendentale, Transformation, Verschmelzung, Rausch und Tanz Elemente, die mir wichtig sind, weil sie im Licht weniger sichtbar sind. Dieses neue Bild für Nuit 2.0, in seiner mysteriösen Dunkelheit und seiner für mich neu gedachten ‚nächtlichen Belichtung‘, drückt all das anders aus, als in bisherigen Arbeiten und beleuchtet auch mein Empfinden neu, wie ich mich in der Welt denke.
PHILIP CRAWFORD
BLUE MOON, 2022, diptych print, 41 x 30,5 cm
Philip Crawford (* 1988) ist ein US-amerikanischer Künstler, der in Berlin und Philadelphia lebt. In seiner interdisziplinären Atelierpraxis kombiniert er Druckmedien, Skulptur, Video und Installation, um die Art und Weise zu erforschen, wie wir Bilder lesen und die von ihnen übermittelten Erzählungen entschlüsseln. Philip hat einen B.A. in Geschichte von der Stanford University und ist ein MFA-Kandidat an der Tyler School of Art and Architecture.
Der Künstler zu Nuit 2.0:
Die kleine Auflage von Drucken mit dem Titel Blue Moon reflektiert über Sehnsucht und Gelassenheit. Oder vielleicht auch über die Sehnsucht nach Gelassenheit. Von Rebecca Solnit als die „Farbe der Welt an ihren Rändern und in ihren Tiefen“ beschrieben, ist Blau die Farbe der Entfernung und der Sehnsucht. Blau existiert in dem Raum zwischen dem, wo wir sind, und dem, wo wir sein wollen. Blau ist unsere Sehnsucht nach Nähe, gebrochen durch die atmosphärische Distanz zwischen hier und dort.
Von hier aus bewundere ich die mystische Fülle des Mondes, der knapp außerhalb der Reichweite schwebt. Von hier aus lausche ich der gefühlvollen Stimme von Billie Holiday, die über die Klaviertasten schwebt und sich an der Schönheit einer neu gefundenen Liebe erfreut, auch wenn sie den plötzlichen Verlust ihrer selbst beklagt. Ich schließe meine Augen und stelle mir meine Tochter vor, die in den letzten Stunden des Jahres 2020 mit einem kleinen blauen Muttermal am Knöchel geboren wurde.
Holiday singt weiter,
Blue moon
Now I’m no longer alone
Without a dream in my heart
Without a love of my own
(aus: Blue Moon von Billie Holiday, Text: Lorenz Hart)
REINHOLD PETERMANN
FRAU AUF STUHL, 2009, Aquarell, Bleistift u. Kohle, 58 x 42 cm; FRAU AUF STUHL III, 1994, Bronze, 38 cm u. TANGOPAAR I, 2010, Bronze, 47 cm
Reinhold Petermann (1925 – 2016) schuf erste Objekte aus Holz in der Kriegsgefangenschaft in Schottland. Aus dem Kriege zurückgekehrt entschied er, Bildhauer zu werden. Als Meisterschüler von Emy Roeder kam Petermann an der Landeskunstschule Mainz in Berührung mit den Brücke-Künstlern. Über 300 Werke, abstrakte Edelstahl- und Vierkantstrukturen und immer wieder Figürliches hat Reinhold Petermann im Laufe seines Lebens geschaffen. Eine besondere Inspiration war ihm der weibliche Körper. Zahlreiche Aquarelle und Zeichnungen ergänzen das Oeuvre des vielseitigen Künstlers. Er hat im In- und Ausland ausgestellt.
Der Künstler zur Nacht:
Soirée
Redner reden, Geiger geigen, Aber dann ist endlich Schluss
Leute sitzen da und schweigen, mit Musik und Kuntsgenuss.
Sänger singen, Bläser pusten, Alle klatschen wie besessen,
manchmal muss auch einer husten. aller Unbill ist vergessen.
Dann kommt ein Fortissimo. Mancher schaut beglückt nach oben,
Pause ist, man geht auf’s Klo. fühlt sich kulturell behoben.
Nach der Pause Neuanfang Frohgemut geht man nachhaus,
mit Klavier und viel Gesang. geht zu Bett und schläft sich aus.
Sängerin kann’s nicht lassen,
schneidet heftige Grimassen;
singt von Liebe und vom Leben,
manchmal auch etwas daneben.
SABINE BEYERLE
TAK-TAKU GUESTHOUSE, 2017, Öl auf Leinwand, 120 x 120 cm u. VASHON, 2018, Öl auf Leinwand, 100 x 100 cm
Sabine Beyerle (* 1975 in Leonberg) studierte Bildende Kunst bei Prof. Hans-Jürgen Diehl an der Universität der Künste Berlin. 2003 machte sie dort ihren Meisterschülerabschluss. Sie arbeitet immer nach eigenen fotografischen Vorlagen, die sie in ihren Gemälden zu einem dichten, manchmal mehrperspektivischen Bildkomplex verwebt. Realistische Darstellungen verbinden sich mit malerischen Elementen aus dem Bilduntergrund. Farbschüttungen, sich verselbständigende Strukturen, Ornamente und Auflösungen stehen stets am Anfang des Schaffens. Die Bilder sind meist menschenleer, zeigen aber Spuren von menschlichem Wirken und bieten dem Betrachter so eine Art leere Bühne für eigene Geschichten. Die Künstlerin hat ihre Arbeiten in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen im In- und Ausland präsentiert und diverse Auszeichnungen und Aufenthaltsstipendien erhalten. Sabine Beyerle lebt und arbeitet in Berlin.
Die Künstlerin zu Nuit 2.0:
„Tak-Taku“ ist der Name eines iranischen Gasthauses, mitten in der Wüste unweit der Stadt Isfahan an dem ich 2016 auf meiner einjährigen Weltreise vorbeikam. Nach dem gemeinsamen Essen, als alle in ihren Zimmern verschwunden waren, leuchtete das Licht aus den Räumen durch die bunten Fenster in den stillen Hof. Tak-Taku geht zurück auf das Geräusch der traditionellen iranischen Doppel-Türklopfer, die je nach Klopfgeräusch einen Hinweis geben, ob eine Frau oder ein Mann um Einlass bittet.
„Vashon“ zeigt ein altes Kinos auf Vashon Island, einer kleinen hippie-esken Insel kurz vor Seattle in den USA. Ich nahm an einem Künstlercamp teil und auf einem meiner Streifzüge kam ich an dem Kino vorbei: der Kontrast der leuchtenden Lichterkette in der dunklen Nacht, das kräftige Rot, eine bestimmte Atmosphäre und Stimmung.
3D-Tour der Ausstellung:
courtesy of ART@Berlin
Programm:
Donnerstag, 21. Juli 2022, 18:00 h
Vernissage. Die Künstler:innen werden anwesend sein.
Freitag, 16. September 2022, 19:30 h
Lesung von Martin A. Völker und Lieder von Jana Berwig
Samstag, 17. September 2022, 19:30 h
Video-Installation von Corinna Rosteck und Live-Musik von Mario Verandi
Künstler:innen der Galerie, Nuit 2.0
22. Juli bis 24. September 2022
Vernissage: Donnerstag, 21. Juli 2022, 18.00 Uhr
Ort: nüüd.berlin gallery, Kronenstr. 18, 10117 Berlin-Mitte, U Stadtmitte
Offen: Do – Sa von 13.00 bis 19.00 Uhr