Sylvia Plachy
Henner Merle und der Fotograf Frank Silberbach haben im ZFF die New Yorker Fotografin Sylvia Plachy (sprich: Pla-hi), den „heimlichen Star“ der Reportagefotografie, erstmals in Deutschland gezeigt.
Als 1990 unter dem Titel „Unguided Tour“ Sylvia Plachys erstes Buch erschien, gewann es auf Anhieb den „ICP’s Infinity Award“ für die beste Publikation des Jahres. „Seit Robert Franks ‚Die Amerikaner‘ habe ich kein Werk von solcher Breite und solcher Kraft mehr erlebt“ lobte der Fotograf Richard Avedon. Auch der legendäre André Kertész, den Sylvia Plachy als ihren „geistigen Großvater“ bezeichnet, preist das Buch als fotografisch nicht zu überbieten. Meine Fotos scheinen schon lange in mir zu leben. „Es ist, als warten sie auf das richtige Licht, dass sie mich finden lässt“, schreibt Plachy in ihrem Vorwort.
Sylvia Plachy wurde 1943 in Ungarn geboren. Ihr Vater besaß eine kleine Firma für Rechenmaschinen, die von den Kommunisten verstaatlicht wurde. Nach der Zerstörung ihrer Existenz entschlossen sich die Plachys 1956 schweren Herzens zur Auswanderung in die USA. Ein einschneidendes Erlebnis für die damals 13-jährige Sylvia, die später von sich sagte: „Ich habe alles verloren, was man Heimat nennt.“
Da das Einreisekontingent für die USA erschöpft war, blieb die Familie zunächst in Wien hängen. Dort bekam Sylvia Plachy auch von ihren Eltern die erste Kamera, eine Agfa Box, und machte damit Erinnerungsfotos. Nach zwei Jahren in Wien, die sie als unglücklich bezeichnet, gelang der Familie endlich die Einwanderung in die Vereinigten Staaten.
Nach der Highschool besuchte Sylvia Plachy das College und wollte eigentlich Malerin werden. Ihre Arbeiten erschienen ihr jedoch nicht gut genug und daher schrieb sie sich in eine Fotoklasse ein. 1964, nach Beendigung ihrer Ausbildung, zeigte sie John Sarkowski vom Museum of Modern Art einige ihrer Arbeiten, der für den bescheidenen Preis von 50 $ ein Tableau mit 81 kleinformatigen Fotografien kaufte und sie in der Ausstellung „Neue Ankäufe“ zeigte. Nach diesem vielversprechenden Start wandte sie sich jedoch fürs Erste von der Fotografie ab, jobbte als Büroangestellte und fotografierte nur am Wochenende.
Gelegentlich verkaufte sie für 5 $ ein Foto an eine katholische Wochenzeitung. Erst 1971 begann sie fest für das wöchentlich erscheinende New Yorker Stadtmagazin „Village Voice“ zu arbeiten. 1982 bekam sie dort ihre eigene, regelmäßige Fotokolumne, der sie den Titel „Unguided Tour“ gab.
1990 erschein dann das gleichnamige, von einer CD des Musikers Tom Waits begleitete Buch und machte Sylvia Plachy schlagartig bekannt. Zahlreiche Ausstellungen schlossen sich an, unter anderem auch beim Fotojournalisten Festival im französischen Perpignan. Silvia Plachys Fotos werden nun auch in „Newsweek“, „Life“, „The New York Times“ und „Die Zeit“ veröffentlicht. Schnell werden auch die Museen auf sie aufmerksam und so finden sich ihre Arbeiten in vielen bedeutenden Sammlungen wie der Bibliotheque Nationale in Paris. Ihr zweites Buch, „Red Light“, das die Sex-Industrie thematisiert, legte sie 1996 vor.
Sylvia Plachy lebt mit ihrem Mann im New Yorker Stadtteil Queens.
SYLVIA PLACHY
»Stealing Time«
05.09. – 25.10.1998