Louis Faurer
Das ZFF hat erstmals unter Henner Merle und dem Fotografen Hendrik Rauch den amerikanischen Dokumentarfotografen Louis Faurer gezeigt.
Louis Faurer wurde 1916 in Philadelphia als Louis Fourer geboren. Faurers Vater, ein Musiker, hatte große Schwierigkeiten sich in seiner neuen Heimat Amerika zu integrieren. Er schaffte es nicht, in seinem erlernten Beruf Fuß zu fassen und schlug sich als Bügler in einer großen Bleicherei durch. Faurers Mutter arbeitete zeitweise für einen zwielichtigen Buchmacher. Seine Jugend verbrachte Faurer in den Straßen von Philadelphia, der damals fünftgrößten Stadt der USA, und wuchs in einem für diese Zeit typischen Völkergemisch einfacher Menschen auf. Schon damals übte das Leben der Straße eine enorme Faszination auf ihn aus.
In den dreißiger Jahren begann er sich mit Fotografie zu befassen und kaufte einem Schulfreund eine gebrauchte Kodak-Kamera ab. Sein Interesse an Fotografie nahm zu, als er kurze Zeit später den ersten Preis im Fotowettbewerb einer Lokalzeitung gewann. Er begann mit einem intensiven Selbststudium, wobei ihn besonders die Bilder von Walker Evans beeindruckten, den er später als eines seiner Vorbilder bezeichnete.
Während des Zweiten Weltkriegs diente Faurer drei Jahre in seinem Heimatort als Fototechniker bei der US-Army. Ab 1945 pendelte er neben seiner Tätigkeit in einem Fotoatelier in Philadelphia häufiger nach New York, um Aufträge bei Magazinen zu bekommen. Im Oktober 1947 stellte er ein Portfolio mit 30 Fotos seines Lieblingsorts in Philadelphia, der Market Street, zusammen. Diese Aufnahmen beeindrucken Lilian Bassman von der Modezeitschrift Junior Bazaar so nachhaltig, dass sie ihn sofort einstellte und bei Alexey Brodovitch, dem legendären Artdirektor von Harper’s Bazaar, empfahl. Dort lernte Faurer Robert Frank kennen, der seit sechs Monaten in New York lebte. Vom ersten Moment an empfanden die beiden eine tiefe Sympathie für einander, die zu einer bis zum Lebensende andauernden Freundschaft führte.
Zu dieser Zeit hatte Faurer bereits zu seinem eigenen Stil gefunden, wobei sich Faurer und Frank dennoch gegenseitig stark in ihren Werken beeinflussten. Die späten vierziger Jahre waren für die Entwicklung von Faurer besonders wichtig und viele seiner beeindruckenden Bilder, wie zum Beispiel die Nachtaufnahmen vom Times Square, entstanden in dieser Zeit.
Faurers Nachkriegsbilder waren geprägt von dem kritischen Blick auf die materialistischen Wertvorstellungen der Eisenhower Ära. Das immer wieder in seinen Bildern vorkommende Automobil steht als Sinnbild für eine Gesellschaft, die sich in erster Linie über Besitz definiert. Eine kritische, unpopuläre und unbequeme Sichtweise in einer Periode, in der die Existenz einer verarmten und glücklosen Unterschicht kaum zur Kenntnis genommen wurde. Ähnlich wie Jahre später die Fotografin Diane Arbus, widmete er einen großen Teil seines Werkes den Randgruppen, Bettlern, Krüppeln. In seiner skeptischen Perspektive ist sicher auch einer der Gründe zu sehen, warum Faurers Fotos außerhalb der Fachwelt keine breite Anerkennung fanden. Viele seiner Fotos strahlen eine stark imaginäre Kraft aus und wirken wie fiktive Momente. Seine Bildwelt sind die Straßen und Menschen New Yorks. Die häufig bei Nacht aufgenommenen Fotos erinnern an Szenen aus einem Film Noir.
Technisch gehören Faurers Fotografien zu den besten dieser Epoche. Besonders in den schwarz-weißen und farbigen Nachtaufnahmen, die größtenteils nur von Leuchtreklamen aufgehellt werden, beweist er eindrucksvoll sein handwerkliches Können.
Die Ausstellung in Berlin zeigte Fotografien aus Philadelphia und New York aus den 1930er, 1940er und 1950er Jahren.
LOUIS FAURER
»Fotografien aus New York«
07.02. – 27.03.1998